top of page

Warum Irland 1602 alles verlor ...

Charles Fort, Kinsale, Co Cork Irland

Es gab eine Zeit, in der die Engländer in Irland nur noch wenige Garnisonen kontrollierten, eine Zeit, in der sie sich der englischen Fremdherrschaft hätten entledigen können. Warum sie am Ende doch alles verloren, wie das Wetter ihnen einen Strich durch die Rechnung machte, was es mit ihren kleineren Pferden und einem rätselhaften Entschluss des Clan-Häuptlings O'Neill zu tun hat, das wollen wir hier näher beleuchten.


Die Schlacht von Kinsale genannte Belagerung ist die entscheidende, schicksalhafte Schlacht in Englands leider erfolgreichem Bestreben, das gälische Irland unter Kontrolle zu bringen. Die Belagerung war Teil des Neunjährigen Kriegs – einer Rebellion von Aodh Mór Ó Néill, Aodh Rua Ó Dónaill und anderer irischer Clanführer gegen die englische Herrschaft in Irland und dauerte vom 2. Oktober 1601 bis zum 3. Januar 1602. Eine Reihe von Siegen auf dem Schlachtfeld zwischen 1593 und 1599 und eine Ausweitung des Krieges von Ulster über die Midlands bis nach Munster hatten der englischen Krone die Kontrolle über den größten Teil Irlands entrissen. Es fehlte nicht mehr viel und Irland hätte die Fremdherrschaft abschütteln können, doch ...


Pleiten, Pech und Pannen


Irland Clanchef Hugh O'Neill

Nach dem Scheitern der spanischen Armada im Jahr 1588 hatte der spanische König Philipp II. beschlossen, die irischen Rebellen auszunutzen, um eine neue Front im Krieg gegen England zu schaffen. Die 2. spanische Armada sollte die irischen Freiheitskämpfer unterstützen, wurde aber im Oktober 1596 vor Kap Finisterre von Stürmen zerschlagen. Der kranke Philipp schickte im folgenden Jahr eine weitere Armada aus, doch auch diese scheiterte aufgrund von Stürmen, Pech und schlechter Planung.

Nach dem Tod Philipps II. setzte Philipp III. die direkte Unterstützung der irischen Rebellen fort. 1601 schickt er 6000 Mann und eine beträchtliche Menge an Waffen und Munition nach Irland. Bei schlechtem Wetter werden die Schiffe getrennt, neun von ihnen, ausgerechnet die mit dem größten Anteil an Soldaten und Schießpulver, müssen umkehren. Die verbleibenden 4000 Mann gehen am 2. Oktober 1601 in Kinsale von Bord. Ausgerechnet in Kinsale, am entgegengesetzten Ende der irischen Rebellenfestungen in Ulster! Dieser geografische Faktor ist ein weiterer entscheidender Stein in der Kette unglücklicher Ereignisse.

Als der beauftragte Lord Deputy von Irland von der spanischen Landung erfährt, zieht er soviele Männer wie möglich rund um die Garnisonen ab und lässt sie nach Kinsale marschieren. Am 2. Oktober belagert er Kinsale und erhält weitere Verstärkung. Die englische Armee wächst auf 12 000 Mann an, doch wirklich kampffähig sind nur 7500.

Zur gleichen Zeit haben die Iren ein Problem, die Clanchefs beraten immer noch, was zu tun ist. Soll man Ulster ungeschützt zurück lassen? Wochenlang überlegen und zögern sie, bis schließlich aus dem Herbst ein stürmischer nasser Winter wird. Die Entscheidung der Spanier, in Kinsale zu landen, zwingt O'Neill auch dazu, sich mit seinem ungestümen Verbündeten, Red Hugh O'Donnell, darauf zu einigen, die bisher erfolgreiche Guerillataktik aufzugeben und eine offene Konfrontation zu riskieren. Notgedrungen brechen sie nach viel zu langem Zögern zu einem fast 500 Kilometer langen Wintermarsch auf. O'Neill mit 2500 Fußsoldaten und 500 Pferden und O'Donnell mit 1500 Fußsoldaten und 300 Pferden.


Der irische Sieg liegt zum Greifen nah

Irland, die Schlacht von Kinsale
Die Schlacht von Kinsale

Die englischen Truppen sind nicht in der Lage, die Stadt Kinsale und ihre Umgebung zu umzingeln, aber sie erobern einige höher gelegene Gebiete und setzen die spanischen Truppen einem ständigen Artilleriebeschuss aus. Dann trifft die englische Flotte mit einem Geschwader von zehn Schiffen ein und schneidet die Stadt vom Meer ab; gleichzeitig reitet die englische Kavallerie durch das Umland und zerstört Vieh und Ernten, während beide Seiten die Bevölkerung zur Gefolgschaft aufrufen. Im Dezember sorgt der Mangel an Vorräten und das raue Wetter dafür, dass die belangernden englischen Truppen reihenweise an Ruhr und Fieber sterben. Die Lage für die Engländer ist katastrophal, denn Desertion, Krankheit und Verluste dezimieren die belagernde Armee um fast 50 %. Dennoch, sie sammeln sich und greifen die Iren an.

Leutnant Alferez Bustamente, der aus den Reihen der Spanier zuschaut, stellt mit Abscheu fest, dass seine irischen Verbündeten nach einem kleinen Scharmützel an der ersten Furt den Rückzug antreten. Wieder auf festem Boden hält O'Neill die Stellung, wartet auf den nächsten Zug der englischen Armee und vergibt so die Initiative. Dennoch sieht es gut für die Iren aus, denn zeitgenössische Augenzeugen berichten, dass die Engländer die Iren sofort angriffen, um sie zu brechen, doch die spanisch-irische Armee schlägt die Reiter mit einem Igel aus Piken zurück, die sich daraufhin zurückziehen müssen.


Irland, Cork, Kinsale, Charles Fort
Kanone am Charles Fort, Kinsale, Co Cork

O’Neill kontrolliert bereits die Anhöhe und ist bereit, diese zu verteidigen, da seine Verbündeten an mehreren Seiten bereitstehen. Doch als keine dieser Truppen sich in Bewegung setzt, ordnet er einen Rückzug in die umgebende Moorlandschaft an, in der Hoffnung, die englische Kavallerie in dieses sumpfige Gebiet zu locken. Letztlich werden O’Neills Männer aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit der englischen Truppen von der Kavallerie überrannt, die auch einen Flankenangriff von O’Donnells Truppen verhindern können. Nun beginnen auch die anderen irischen Truppen zu Fuß zu fliehen. Englische Quellen berichten, die Spanier mit ihren Piken hätten heftigen Widerstand geleistet, seien jedoch überwältigt und in Stücke gehackt worden.

O'Donnells Nachhut soll aus irgendeinem Grund zu spät zur Schlacht eingetroffen sein und wurde nicht angegriffen.


Kommandant Aguila
Kommandant Aguila

Der spanische Kommandant Aguila in der Stadt Kinsale hält die Schlachtgeräusche für eine List der Engländer, seine Truppen aus der Stadt zu locken und greift nicht ein. Er macht dazu noch einen weiteren entscheidenden Fehler, als er die herannahenden englischen Truppen für die erwartete irische Unterstützung hielt. Er befiehlt seinen Männern, die Stadt der nahenden, wie er meinte, siegreichen irischen Armee zu überlassen. Als er die Banner der Engländer erkennt, ist es zu spät. Die Spanier übergeben Mountjoy die Stadt „unter Bedingungen“ und dürfen nach Spanien zurücksegeln.


Irlands Schicksal wird besiegelt

Das irische leichte Pferd war nicht für den Schockeinsatz geeignet und dem englischen Pferd nicht gewachsen. Die irische Infanterie war für einen Kampf in Formation gegen eine gut ausgebildete Berufsarmee schlecht ausgebildet. Jahrelang hatten die Engländer auf eine Gelegenheit gewartet, die Iren auf einem weiten offenen Feld zu schlagen. Dass die Engländer die dreifache Überzahl der irischen Truppen besiegen und in die Flucht schlagen konnten, zeigte die Schwäche der irischen Streitkräfte in einer konventionellen Schlacht. Immerhin, die Iren hatten den ersten Angriff abgewehrt und wurden erst gebrochen, als sie ihre Reihen für ihre fliehende Kavallerie öffneten.



Kinsale Plan Irland
Plan von Kinsale

Was die Flucht der Iren anbelangt, so war es üblich, dass die Iren in Schwierigkeiten einen fliehenden Rückzug antraten, aber dieses Mal gab es kein Moor oder einen Wald, in den sie fliehen konnten, sondern nur ein weites offenes Feld, auf dem sie den englischen Pferden ausgeliefert waren. Auch boten die irischen Reiter ihrem Fußvolk keinen Flankenschutz.

Dieser englische Sieg beendete die spanische Hilfe in Irland und einen Großteil des irischen Widerstands. Die Truppen von Ulster kehrten in ihre Heimatprovinz zurück, und nach zwei weiteren Jahren der Zermürbung kapitulierten die letzten von ihnen 1603, kurz nach dem Tod von Königin Elisabeth. O'Neill kehrte in seine Heimat Ulster zurück und kämpfte weiter, doch sein Nimbus der Unbesiegbarkeit war gebrochen. Am 30. März 1603 unterwarf er sich in Mellifont der Krone, wo er großzügige Bedingungen erhielt. Vier Jahre später beschloss er, nach Spanien zu gehen. O'Neill wurde bei der so genannten „Flucht der Grafen“ von zahlreichen Anhängern und anderen Häuptlingen begleitet. Sie hatten stets die Absicht, eine Armee aufzustellen und die englische Autorität in ihrer Heimatprovinz zu verdrängen, aber die Gebiete, die sie zurückgelassen hatten, wurden bald im Rahmen der Ansiedelung schottischer und nordenglischer Siedler (Plantation of Ulster) aufgeteilt, und sie konnten nicht mehr zurückkehren. England hatte erreicht, die alte gälische Ordnung zu zerstören und sich des Clansystems und der lästigen Häuptlinge zu entledigen.

Was auch immer der Grund für O'Neills Entscheidung gewesen war, sich zurückzuziehen, er traf damit eine schicksalhafte Entscheidung, die ihn eine Schlacht, einen Feldzug, einen Krieg und ein Königreich kostete. Nichtzuletzt ist das Ergebnis der Schlacht von Kinsale verheerend für die bestehende irische Kultur und Lebensweise, da das alte gälische System endgültig zerschlagen ist.


Buch Irland wie es nicht im Reiseführer steht von Lisalina Sagner

Comments


bottom of page