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Irland - wo einst der Scheiterhaufen brannte

Hexenverbrennung

Ihr Leben ist filmreif. Die wohlhabende, unabhängige und viermal verheiratete Alice war im 14. Jahrhundert in Kilkenny eine umstrittene Figur. Mit ihrem Besitz und ihrem Geld hatte sie im Gegensatz zu den meisten Frauen der damaligen Zeit zumindest die Illusion von Freiheit: Alice und ihr geldgebender Sohn William Outlawe wurden gleichermaßen bewundert und beneidet und waren oft die Zielscheibe des lokalen Klatsches. Vier Ehemänner soll sie vergiftet haben. Eine Hexe sei sie obendrein. Ihre Geschichte ist im irischen Städtchen Kilkenny noch allgegenwärtig. Am 3. November 1324 brannte der Scheiterhaufen, und es war nicht Alice, wie vorgesehen, die dort brannte. Hier die spannende Geschichte über die adlige Alice und die erste Hexenverbrennung auf irischem Boden.


Viermal verheiratet, viermal Witwe ...


Irland, Kilkenny, Kytelers Inn

Alice Kyteler, aus einer flämischen Kaufmannsfamilie stammend, die sich im 13. Jahrhundert in Kilkenny niedergelassen hatte, heiratet im Jahr 1280 William Outlaw, einen wohlhabenden Kaufmann und Geldverleiher, mit dem sie einen Sohn gleichen Namens hat, der später Bürgermeister von Kilkenny wird. Alice heiratet nach dem Tod William Outlaws ein zweites Mal, wieder ein Geldverleiher, Adam Ie Blund of Callan. Das Paar ist sehr wohlhabend. Kytelers Sohn William profitiert 1307 davon, dass Adam le Blund ihm die Tilgung seiner Schulden erlässt und ihm zudem all seine Waren, Immobilien und Juwelen übergibt. 1309 heiratet Alice Kyteler ein drittes Mal, dieses Mal ist es Richard de Valle, ein wohlhabender Grundbesitzer, den aber bereits 1316 der Tod ereilt. Alice traut sich ein viertes Mal, dieses Mal mit Sir John Ie Poer. Nach einiger Zeit wird er krank und die Gerüchte mehren sich, Alice vergifte ihn möglicherweise. Sir John wendet sich an den Bischof von Ossory und klagt seine Frau an. Die Stiefkinder aus den vorherigen Ehen schließen sich der Klage an. Kyteler solle ihre Väter verhext, ihnen den Tod gebracht und den Kindern das Erbe genommen haben. Der Bischof lässt Kyteler vorladen, doch sie flieht. Sich mit dem Bischof anzulegen war vermutlich ihr größter Fehler.


Alice wird gejagt


Der Bischof versucht Kyteler habhaft zu werden, doch sie ist bereits nach Dublin geflohen. Lady Alice dreht nun die Klage um und erreicht, dass der Seneschal von Kilkenny den Bischof verhaftet. Für 17 Tage verschwindet er hinter Gittern. Als der Bischof erneut versucht, Kyteler verhaften zu lassen, ist sie bereits mit Sarah, der Tochter ihrer Dienerin Petronilla de Meath, nach England geflohen.

Wenn es um Hexereiprozesse geht, denkt man am ehesten an die Auswüchse des 16. und 17. Jahrhunderts. In Irland kommt es jedoch 1324 zu dem besonders berüchtigten und faszinierenden Fall von Alice Kyteler. Es ist nicht nur der erste dokumentierte Fall einer kombinierten Anklage wegen Hexerei und Ketzerei, sondern auch der erste Fall, in dem eine Frau in Irland wegen Ketzerei verbrannt werden soll.


Die Inquisition


Hexenverbrennung

Nach drei Inquisitionen wird Alice Kyteler der Hexerei angeklagt und neben ihr noch elf weitere Personen. Mit einigen der Angeklagten kann Alice Kyteler entkommen, doch die meist ärmeren der Angeklagten werden in Haft genommen, andere freigelassen. Ihr Sohn, William Outlaw, bekennt sich schuldig; seine Strafe wird in eine Buße verwandelt und er muss nun für ein Jahr jeden Tag drei Messen hören, den Armen Essen geben und sich verpflichten, das Dach der Kathedrale St. Canice mit Blei neu zu bedecken.


Die 11 Anklagepunkte


1 - Sie leugne Christus und die Kirche

2 - sie zerschneide lebende Tiere und gebe sie in den Straßen als Gaben an einen Dämon

3 - sie habe die Schlüssel zur Kirche gestohlen und würde sich dort nachts versammeln

4 - im Schädel eines Räubers habe sie die Eingeweide, inneren Organe, Würmer, abgeschnittenen Nägel von Toten, Haare vom Gesäß und Kleidung von Jungen, die bei der Taufe gestorben waren, gesammelt, um daraus Tränke zu brauen

5 - mit diesen Tränken wollten sie andere Menschen verleiten, andere Christen zu beeinflussen

6 - Alice habe einen Dämon als Inkubus, mit dem sie auch fleischlich bekannt sei und der ihr entweder als Katze, zotteliger schwarzer Hund, oder als schwarzer Mann erscheine. Von diesem habe sie ihren Reichtum erhalten.

7 - Alice habe Zauberei benutzt, um einige ihrer Ehemänner zu ermorden und andere zu betören, so dass sie und ihr Sohn William Outlaw deren Reichtum erwarben und die Stiefkinder verarmten.

8 - Sie habe ihren vierten Ehemann Sir John Ie Poer vergiftet

Letzteres wird durch die Beschreibung von Sir John aus dem Jahr 1324 untermauert, die ihn abgemagert, mit herausgerissenen Nägeln und ohne Körperbehaarung zeigt. Alles Symptome, die durchaus auf eine Arsenvergiftung hinweisen.

9 - Petronilla habe drei schwarze Männer gesehen, die eine Eisenstange getragen hätten

10 - Petronilla sei dabei gewesen, als Alice Kyteler mit ihrem Dämon Geschlechtsverkehr gehabt habe

11 - Alice Kyteler wird beschuldigt, mit einem Besen durch die Straßen von Kilkenny gekehrt und alles vor die Tür ihres Sohnes gefegt zu haben, mit dem Ausruf, dass er nun allen Reichtum der Bürger von Kilkenny besäße.


Auf Anweisung des Bischofs wird Petronilla de Meath sechsmal ausgepeitscht und am 3. November 1324 als Hexe verbrannt. Die Arme war die einzige der Angeklagten, die die volle Strafe erdulden musste. Alle anderen kommen nach Zahlungen und weiteren Bußen frei. Alice Kyteler lebt bis zu ihrem Tod unter dem Schutz von König Edward III. in England.

Irland, Stadt Kilkenny, Pub Kytelers Inn

Wo am 3. November 1324 der Scheiterhaufen brannte, erinnert in der Altstadt von Kilkenny heute das Speiselokal „Petronella“ an die unglückliche Dienerin. Nur ein paar Schritte weiter gibt es immer noch das Pub Kyteler’s Inn, das einst Alice gehörte.

Mehr über das bezaubernde Kilkenny, das übrigens im Mittelalter fast die Hauptstadt von Irland geworden wäre hier und hier.




                        


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