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Irland - Das Massaker von Gibbet Rath


Irland, 3 Schafe in der Curragh, Grafschaft Kildare

Der Curragh im County Kildare. Eine idyllische Ebene mit friedlich grasenden Schafen. Nichts deutet darauf hin, dass hier eines der schlimmsten Massaker in Irland stattgefunden hat. 350 unbewaffnete Menschen wurden hier niedergemetzelt. Wie kam es zu diesem furchtbaren Blutbad?


Blenden wir zurück ins Jahr 1798, dem Jahr der großen irischen Rebellion. Thomas Pakenham schreibt in seinem Buch The Year of Liberty: "Der Aufstand von 1798 ist das gewalttätigste und tragischste Ereignis in der irischen Geschichte zwischen den Jakobitenkriegen und der großen Hungersnot. Innerhalb weniger Wochen wurden 30.000 Menschen - mit Piken und Heugabeln bewaffnete Bauern, wehrlose Frauen und Kinder - niedergemetzelt, erschossen oder wie Spreu in die Luft gejagt, als sie auf die Kanonenmündungen zustürmten. Das Ergebnis des Aufstands war nicht minder verheerend: Großbritannien erzwang eine Union zu Bedingungen, die sich für die Mehrheit des irischen Volkes als inakzeptabel erweisen sollte, und es entstand ein Vermächtnis von Gewalt und Hass, das bis heute anhält."


Rebellion in County Kildare


Bild vom Grabstein der Männer die in Gibbet Rath, Co Kildare ermordet wurden

Mittwochabend, der 23. Mai 1798, in der Grafschaft Kildare herrscht eine beunruhigende Ruhe. Das Wetter ist, wie für den Rest des Sommers in diesem Jahr, ruhig und gut, ein fast absichtlicher Widerspruch zu der äußerst aufgeladenen politischen Atmosphäre im Land. Die Menschen fangen an, sich an vorher festgelegten Orten zu versammeln, um den geplanten Volksaufstand zu unterstützen. Sie kommen zusammen, um ihre Beschwerden zu äußern - persönliche, wirtschaftliche, politische, religiöse, nationale; ein reiches Sammelsurium von Zielen und Bestrebungen, die von den United Irishmen in der Sprache der Französischen Revolution interpretiert werden - es ist ein Schrei nach Freiheit. Ein Schrei für die Emanzipation der Katholiken und die Reform des Parlaments, für die Abschaffung des Zehnten und den Schutz vor den Oraniermännern, um den Franzosen treu zu sein und die Exzesse des Militärs zu vermeiden; für die Rache, für die Freiheit der Nationalität. Noch in dieser Nacht werden sie sich erheben. Sie hatten ihre Anweisungen erhalten und nun kommen sie, mit ihren Spießen, für die sie einen Schilling bezahlt hatten, eigens für diesen Zweck geschmiedet und auf fast drei Meter langen Stangen montiert. Mit ihren Schwertern, Bajonetten und Gewehren, die sie zumeist aus den Häusern der örtlichen Grundbesitzer gestohlen hatten, mit ihren Heugabeln und allen anderen Waffen, die sie auftreiben konnten, versammen sie sich in Furcht und Erwartung. Eine Armee von Iren, geeint für den Kampf um die Freiheit.


Die Rebellen erobern eine Reihe von Städten im Gebiet von Kildare und halten die Regierungstruppen über eine Woche lang in Schach, bevor sie mit Generalleutnant Sir Ralph Dundas, dem Befehlshaber der Midland District Militia, günstige Bedingungen für die Kapitulation aushandeln. Am 28. Mai übergibt eine große Anzahl der Aufständischen, die sich auf dem Knockawlin Hill verschanzt haben, General Dundas ihre Waffen, unter der Bedingung, dass sie sich friedlich in ihre Häuser zurückziehen dürfen. Drei Tage später versammelt sich eine weitere große Gruppe auf ausdrückliche Vereinbarung mit demselben menschlichen Befehlshaber zum gleichen Zweck am Gibbet-Rath im Curragh. Doch die Dinge verlaufen nicht so wie es den Männern zugesagt wurde. De facto laufen sie geradewegs in die Katastrophe.


Chronologie der tragischen Ereignisse


Zu ihrem Unglück wird Dundas abberufen, bevor er die Kapitulation annehmen kann. Stattdessen trifft General Sir James Duff, ein skrupelloser englischer Offizier, mit seiner Armee ein, zu der auch ein Regiment gehört, das als Roden's Foxhunters bekannt war und von Viscount Jocelyn angeführt wurde. Am 27. Mai verlässt Generalmajor Sir James Duff Limerick, um die Verbindungslinien nach Dublin zu öffnen. Duffs Truppen treffen in den frühen Morgenstunden des 29. Mai in Monasterevin, Co. Kildare ein. Zusammen mit der örtlichen Yeomanry marschiert Duff mit 7 Geschützen, 150 Dragonern und 350 Infanteristen in Richtung Kildare, "entschlossen, an den Rebellen ein schreckliches Exempel zu statuieren". Von Kildare aus marschieren sie zum Lager der Rebellen bei Gibbet Rath im Curragh, wo die Rebellen mit General Dundas über eine Kapitulation verhandeln. Pater O'Farrell aus Kildare trifft in Gibbet Rath ein, um für die Rebellen zu intervenieren; wird jedoch vom berittenen Black Horse Regiment des werten General Duff kurzerhand niedergesäbelt.


29. Mai 1798 - 350 unbewaffnete United Irishmen werden grausam und heimtückisch ermordet

Irland, Co Kildare Bild vom Gedenkstein in Gibbit Rath

Als Duff am Morgen des 29. Mai in Gibbet Rath eintrifft, wartet eine Armee von 1.000 bis 2.000 Rebellen darauf, sich im Gegenzug für die ihnen versprochene Amnestie zu ergeben. Doch Duff beschuldigt sie des Verrats und befiehlt ihnen, sich für die Begnadigung niederzuknien und dann ihre Waffen zu stapeln. Duff und seine Truppen umzingeln sie. Zu den Truppen gehören u.a. auch die berüchtigten "Rodens leichte Dragoner oder Fuchsjäger". In Berichten aus Kildare Town heißt es, am Vorabend des Massakers, seien einige von Rodens Miliz in randalierendem und betrunkenem Zustand mit aufgesteckten Bajonetten durch die Straßen marschiert und hätten geschworen: "Wir sind die Jungs, die morgen am Curragh die Croppies abschlachten werden". Das hielt viele Rebellen davon ab, in den Curragh zu gehen. Allein dieser Umstand rettet viele Menschenleben.

Duff befiehlt seiner Armee, "anzugreifen und keinen Rebellen zu verschonen". Kurz nachdem die Waffen gestapelt sind und die Männer niederknien, greift seine Infanterie und Kavallerie die wehrlosen Männer an. Über 350 irische Freiheitskämpfer sterben. Duff bestreitet den Vorsatz und behauptet, einer der Rebellen habe auf seine Männer geschossen; andere Quellen berichten, ein Mann habe in die Luft geschossen und hätte sein Gewehr nicht stapeln wollen. Viele Iren damals geben zu Protokoll, dass Morden die Lieblingsbeschäftigung der englischen Milizen war. Fakt ist, in Kildare ergaben sich schließlich 7.889 Iren, an abgegebenen Waffen werden 192 Gewehre, 6 Donnerbüchsen, 192 Bajonette, 121 Pistolen, 201 Schwerter und 1.582 Spieße gelistet.


Zu den Faktoren, die den Aufstand in Irland auslösten, gehörten religiöse Diskriminierung, der Einfluss französischer und amerikanischer Ideen, eine schnell wachsende Bevölkerung im eigenen Land, Unruhen in der Landwirtschaft und staatliche Repressionen. Mehr als 90 % des Landes befanden sich im Besitz der Church of Ireland und waren englischer Herkunft. Die große Mehrheit der Bevölkerung war vom politischen Leben ausgeschlossen, darunter die Katholiken, die den größten Teil der Bauernschaft ausmachten, die Mittelschicht aller Konfessionen und die Presbyterianer.


Leinster und Ulster - Carlow, Meath, Wicklow, Wexford, Antrim und Down

Doch nicht nur in Kildare erheben sich die Iren. Überall wächst der Widerstand. Mutmaßliche United Irishmen werden am 24. Mai auf dem Fair Green in Dunlavin und am folgenden Tag auf dem örtlichen Ballhaus in Carnew erschossen.



Im Video: Vinegar Hill, Co. Wexford - Enniscorthy

In Carlow und Hacketstown kommt es zu verlustreichen Angriffen der Rebellen; in Meath wird die Verschwörung mit einer schweren Niederlage auf dem Hill of Tara niedergeschlagen, während sich der Konflikt auf Wicklow und Wexford ausweitet. In Wexford beginnen die Zusammenstöße bei Tincurry und Harrow mit einem erbitterten, blutigen Kampf, der mit der Gründung einer irischen Rebellenrepublik in Wexford Town und der entscheidenden Niederlage der Rebellen am 21. Juni in der Schlacht von Vinegar Hill (Video) seinen Höhepunkt findet. Die Rebellen unter Pater John Murphy kämpfen sich bis nach Carlow, Kilkenny und Laois vor, finden aber zu wenig lokale Unterstützung und kehren nach Wexford zurück. Pater Murphy wird gefangen genommen und am 2. Juli in Tullow hingerichtet. Die Reste der großen Wexford/Wicklow-Armee unter der Führung von Pater Mogue Kearns und Anthony Perry marschieren von Wicklow aus, um sich Aylmers Armee in Kildare anzuschließen und schließlich den Norden aufzurütteln. Doch die erste gemeinsame Aktion endet mit einer verheerenden Niederlage bei Clonard, und die meisten der Kildareaner, die sich ihnen anschlossen, kehren nach Hause zurück, um sich zu ergeben. Perry und Kearns werden in Edenderry gehängt. Einige Rebellengruppen führen in den Wicklow Mountains unter Michael Dwyer und Joseph Holt eine Guerilla-Kampagne durch; andere kämpfen mit Robert Emmet in der Rebellion von 1803, darunter Rebellen aus Lullymore in der Grafschaft Kildare unter Michael Doorly. Anfang Juni bricht auch in Antrim und Down eine Rebellion aus. Henry Joy McCrackens überwiegend presbyterianische Armee wird nach einem Angriff auf die Stadt Antrim aufgerieben. In Down werden die United Irishmen unter der Führung von Henry Monroe in der Schlacht von Ballynahinch am 13. Juni dezimiert. Der Aufstand in Ulster ist damit beendet.

Als die irische Rebellion ausbrach, beteiligten sich dreißig- bis fünfzigtausend Männer an einer Reihe von Aufständen in achtzehn irischen Grafschaften, von denen sechs stark betroffen waren. Nach Angaben der Loyalisten belief sich der Sachschaden auf mehr als eine Million Pfund, wobei der größte Teil davon in Kildare, Wexford und Wicklow entstand. Es wird geschätzt, dass während des Aufstands bis zu zwanzigtausend Menschen getötet wurden. Nach der Rebellion bleibt die politische Initiative fest in den Händen des Establishments. Noch sind die Iren nicht am Ziel, aber ihre Zeit wird kommen.

Buch Irland wie es nicht im Reiseführer steht von Lisalina Sagner


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